Alte Handschriften für die Ewigkeit

19.04.2024 Pressetermin in der UB Mainz anlässlich der Digitalisierung von 462 mittelalterlichen Handschriften aus den Bischofsstädten Speyer, Worms und Mainz / © D. Ghemires
19.04.2024 Pressetermin in der UB Mainz anlässlich der Digitalisierung von 462 mittelalterlichen Handschriften aus den Bischofsstädten Speyer, Worms und Mainz / © D. Ghemires

Scanner von book2net digitalisiert 462 Werke aus dem Mittelalter

Erst haben nur wenige Menschen sie lesen können, später, als das Lesen selbstverständlich geworden ist, hat man einen gewissen Aufwand betreiben müssen, wenn man die alten Werke hat betrachten wollen. Schließlich handelt es sich um jahrhundertealte Originale, die keinen Schaden nehmen dürfen. Es geht um 462 Handschriften aus dem Hochmittelalter, teilweise aus dem 9. und 10. Jahrhundert, vor allem aber um Schriften, die auf die Zeit ab dem Ende des 14. Jahrhunderts zurückgehen. Normalerweise befinden sie sich in unterschiedlichen Einrichtungen in Mainz, Worms und Speyer. Aktuell werden die Schriften – es handelt sich um etwa 170 000 Seiten – mit unserem Scanner „Cobra A1“ digitalisiert, auf diese Weise für jetzige Generationen leicht zugänglich gemacht und für künftige Generationen erhalten. Ein Mammut-Werk, dessen Aufwand sich lohnen dürfte.

Kulturgut für alle

„Die politische, religiöse und wirtschaftliche Spitzenstellung machte den Mittelrhein im Mittelalter zu einer herausragenden Region der Handschriftenproduktion“, betont Dr. Christian George, der an der Mainzer Unibibliothek den Bereich Archive und Sammlungen leitet. „Wir freuen uns daher sehr, dass wir diese Schätze nun digitalisieren und öffentlich zugänglich machen können.“ Die Bedeutung dessen hat man auch bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) erkannt, die die Digitalisierung in den kommenden drei Jahren mit 310 000 Euro fördert. „Für den Wissenschafter ist es immer toll, wenn er ein Digitalisat hat, weil häufig sehr schwer an die Handschriftenbestände heran zu kommen ist, sie häufig nicht in einem guten Zustand sind oder erstmal restauratorisch bearbeitet werden müssen“, sagt Dr. Klaus T. Weber, Leiter des Servicezentrums Digitalisierung und Fotodokumentation der Universitätsbibliothek. Dort werden die Bestände aus den unterschiedlichen Institutionen gescannt. Weber bringt einen Aspekt ins Spiel, der weit über das Interesse von Wissenschaftlern hinausreicht, denn die digital erfassten Handschriften sollen künftig auf dem Portal „Gutenberg Capture“ der Unibibliothek Mainz einer breiten Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden. „Es wird demokratisiert. Es wird Allgemeingut. Ein elitäres Kulturgut wird zu einem gesamtheitlichen demokratischen Kulturgut“, sagt Weber. Das funktioniere nur bei einer entsprechend guten Qualität.

Technik liefert Perfektion

Dafür sorgt Technik made in Bad Nauheim, konkret der Scanner „Cobra A1“. „Die Kameras schauen in einem 110-Grad-Winkel auf den 110-Grad-Vorlagentisch. Das ist die ideale Ausgangs- und Grundlage, um verzeichnungsfrei zu digitalisieren und im idealen Fokusbereich zu arbeiten“, erläutert Gernot Gajarszky, Prokurist und Leiter des Bereichs Vertrieb und Service bei unserer Firma MICROBOX GmbH. Die Technik liefert Perfektion. Wichtig ist, dass auch die Arbeit mit dem Scanner und den Handschriften sorgfältig erledigt wird. Die größte Herausforderung sei der Umgang mit den Handschriften selbst und die damit verbundene Platzierung auf dem Vorlagentisch der Cobra, sagt Gajarszky. Die Arbeit erfordere viel Sorgfalt, um Beschädigungen an den Werken zu vermeiden. „Zur Unterstützung dieser Arbeiten bietet der Vorlagentisch des Cobra-Scanners vielfältige Einstellmöglichkeiten“, fügt er hinzu und verweist auf die je nach Buchdicke vorzunehmende Höheneinstellung, die horizontale Verschiebe-Möglichkeit und optional eine Winkelverstellung beziehungsweise die Anpassung der Auflageplatten des Buchtisches. „Cobra A1“ bildet alles nach höchsten Maßstäben so originalgetreu und farbverbindlich wie möglich ab. „Die hochauflösenden book2net-Kameras sorgen dafür, dass selbst verblasste und sehr schwache Details noch lesbar sind. Wasserzeichen kann man unter Zuhilfenahme einer Leuchtplatte oder Folie sichtbar machen“, erklärt Gajarszky. Unterstützen könne man diese Analyse durch die Kombination von Auflicht- und Durchlichtaufnahme und angewandter Mathematik. Dadurch lassen sich Vorder- und Hintergrund voneinander trennen, „so dass am Ende die Papierstruktur, Prägungen und Wasserzeichen noch besser sichtbar gemacht werden können“.

Was die Zukunft bringen könnte

Moderne Technik und der Wille, alte Schätze zu bewahren, werden es Menschen ermöglichen, von überall auf der Welt beispielsweise Schriften wie das aus dem 9. Jahrhundert stammende Sakramentar von St. Alban oder die sechs großformatigen Chorbücher der Karmeliter aus dem Bestand des Mainzer Dom- und Diözesanmuseums genau zu betrachten. Und wer weiß, was noch alles kommt. Ist zum Beispiel ein Chorbuch erstmal digitalisiert, kann man die Noten einsingen lassen und Gesang und Handschrift gemeinsam präsentieren, erläutert Klaus T. Weber. Künstliche Intelligenz könnte einen zusätzlichen Mehrwert schaffen, zum Beispiel die alte in moderne Schrift übertragen. Dabei würde die KI auf Handschriften zurückgreifen, deren Digitalisierung dank book2net-Technik Wirklichkeit wird. Zukunftsmusik, doch mit dem Scannen der 462 Handschriften hat die Zukunft bereits begonnen. Eine Zukunft, die das Vergangene bewahrt.

 

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