Deutschland hat 2016 mit einer umfassenden Reform sein Kulturgutschutzrecht modernisiert und damit das deutsche Recht an EU- und internationale Standards, vor allem an das UNESCO-Übereinkommen von 1970, angepasst. Am 6. August 2016 ist das Kulturgutschutzgesetz (KGSG) in Kraft getreten. Das KGSG schützt Kulturgut, das in Deutschland wegen seiner herausragenden Bedeutung für die kulturelle Identität unseres Landes besonders wichtig ist („national wertvolles Kulturgut“), aber auch solches Kulturgut, welches von anderen Staaten als nationales Kulturgut eingestuft wird. Kernpunkte sind unter anderem die Unterbindung von illegalem Handel, Verbesserung von Rückgabemechanismen, Modernisierung der Regelungen über national wertvolles Kulturgut und Verbesserung des Schutzes von Museumssammlungen. (http://www.kulturgutschutz-deutschland.de/DE/Home/home_node.html)
In diesem Zusammenhang gilt auch die Digitalisierung als Kulturgutschutz und wird daher durch staatliche Initiativen gefördert.
Neben der Bestandsdokumentation zur Informationssicherung und wissenschaftlichen Erschließung bietet die Notfallsicherung in Schadensfällen durch Naturkatastrophen oder Brandschäden eine besondere Herausforderung bei der Digitalisierung von Kulturgütern. Sie verlangt nach besonderen schadens- bzw. ursachenspezifischen Maßnahmen zur Wiederherstellung, wie z.B. im Fall der Zerstörung der wertvollen Bestände der Anna Amalia Bibliothek in Weimar durch den schweren Brand im Jahr 2004. Die schwerwiegenden, durch Brand und Löschwasser hervorgerufenen Schäden und die dadurch entstandenen Brandprodukte, Rauchablagerungen, Veraschungen und Auswaschungen erfordern nicht nur hochgradig komplexe Restaurierungsmaßnahmen, sondern stellen auch die digitale Sicherung vor komplexe Herausforderungen:
Derart beschädigte und fragile Dokumenten verlangen nach maßgeschneiderten Scan-Systemen, die sowohl den hohen konservatorischen Anforderungen im Hinblick auf Handhabung und Beleuchtung gerecht werden, als auch darüber hinaus über die entsprechende Technologie verfügen, Text- und Bildinformationen, die mit dem bloßen Auge nicht mehr erkennbar sind, wiederherzustellen. Hier können innovative Systeme wie das book2net Multispektralsystem entscheidend zur schonenden und berührungsfreien Informationssicherung und -wiederherstellung beitragen.
Großprojekt Bundessicherungsverfilmung
Seit 1961 werden die Archivalien des Bundes und der Bundesländer gemäß der Haager Kovention zum Schutz von Kulturgut zu Sicherungszwecken mikroverfilmt. Die Verfilmung ist eine Bundesaufgabe im Rahmen des Zivilschutzes, die der Bund selbst und die Länder im Auftrag des Bundes ausführen. In den Verfilmungsstellen der Länder werden die Archivalien nach bundeseinheitlich definierten Auswahlkriterien und unter Einhaltung festgelegter technischer Standards durch Fachpersonal auf Mikrofilm sicherungsverfilmt.
Auch hier leistet book2net mit seinen Scansystemen aktiv einen Beitrag zur Kulturgutsicherung. Im Rahmen der Umstellung der Verfilmungsgeräte auf digitale Technik, die zwischen dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) und der Konferenz der Leiterinnen und Leiter der Archivverwaltungen des Bundes und der Länder (KLA) vereinbart wurde, haben sich bereits vier der zentralen Verfilmungsstellen für die Anschaffung von insgesamt 12 book2net Hochleistungs-Archiv-Scanner entschieden. Die Landesarchive in Hessen, Baden-Württemberg, NRW und das Geheime Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz sind die ersten Institutionen, die sich für unseren neuen vielseitig einsetzbaren Hochleistungs-Archivscanner book2net Archive Pro entschieden haben.
Internationale Richtlinien zur Digitalisierung
Die Digitalisierung kostbarer kultureller Objekte sollte so schonend und zugleich so komplex wie möglich erfolgen, um auch künftigen Generationen einen dauerhaften Zugang zu sichern. Dabei stellt sich die Frage nach den bestmöglichen Konzepten und Methoden, die eine konstante Qualität der Scanergebnisse bei geringster physischer Belastung der Objekte gewährleisten. Die Erarbeitung und Einhaltung von Richtlinien sollte daher für jedes Projekt zur Digitalisierung von Kulturgut eine zwingende Voraussetzung sein. Das Navigieren durch die Vielzahl der auf dem Markt zur Verfügung stehenden Scan-Systeme und Analyse-Tools kann jedoch für die Anwender*innen eine enorme Herausforderung darstellen.
Die beiden derzeit populärsten Digitalisierungsrichtlinien, die auch für uns die maßgeblichen Standards definieren, kommen aus den Vereinigten Staaten (FADGI – Federal Agencies Digitization Guidelines Initiative) sowie den Niederlanden (Metamorfoze Preservation Imaging Guidelines). Zur Vereinheitlichung dieser beiden unterschiedlichen Ansätze hat die ISO (International Organization for Standardization) seit 2012 eine neue Standardnorm erarbeitet, die sich in den drei Dokumentationen ISO 19262, ISO 19263 und ISO 19264 wiederfinden.